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Die Wanderung ist ganzjährig schön. Aber am schönsten, wenn es blüht, kreucht und fleucht. Wer die Augen offen hält, entdeckt Frassspuren von Biber und sieht den Eisvogel vorbeiflitzen.


Dohlen beobachten

Vom Bahnhof in Andelfingen geht es Richtung Kirche und durch den Dorfkern vorbei an mit Tafeln beschrifteten alten Häusern: Lindenmühle, Zehntenhaus und Altes Zollhaus. Achten Sie bei der Kirche auf die oben im Turm ein- und ausfliegenden Dohlen: Ihre typischen rauen «Kya»- oder «Kjack»-Rufe schwirren hier durch die Luft. Die gedeckte Thurbrücke aus dem Jahre 1815  leitet über die Thur. Hier links ab und nun immer der Thur entlang bis zum Thurspitz. Die Wanderung beginnt wunderschön kontrastreich: Auf der linken Seite der friedlich fliessende Fluss und rechts erst Häuser, dann Landwirtschaftsland. In den Hecken entlang der Thur zwitschern Mönchsgrasmücke, Singdrossel, Zilpzalp & Co. – auf der Landwirtschaftsseite pflügt ein brummender Traktor den Acker um.

Im Reich des Bibers und des Eisvogels

Seit 2008 wurde die Thur über mehrere Jahre hinweg renaturiert. Von 2008 bis 2017 wurde das Projekt «Hochwasserschutz und Auenlandschaft Thurmündung» realisiert. Verbaute Ufer wurden eingerissen, Altläufe wieder ausgehoben und vielfältige Naturstandorte geschaffen. Jetzt darf die Thur auf ihren letzten fünf Kilometern wieder frei fliessen. Der Pfad dem Flussufer entlang ist spannend. Mal steht ein Fischer im Wasser. Mal entdecken die Kinder alte oder frische Biberfrassspuren. Zehn Biberreviere soll es in der Gegend geben, acht davon durch Biberfamilien besetzt, also: Augen nach frischen Frassspuren offen halten. Und immer wieder ist zu sehen und zu hören, wie der Zaunkönig durchs Unterholz huscht und sein lautes Lied schmettert.
Nach der Brücke über die Thur begrüsst uns die Naturschutztafel «Thurauen».

In die grösste Auenlandschaft des Mittellandes

Die Thurauen sind die grösste Auengebietslandschaft im Mittelland und eine der wertvollsten der Schweiz. Das Gebiet ist in drei verschiedene Zonierungen aufgeteilt, eine Tafel erklärt, was wo erlaubt bzw. nicht erlaubt ist. Und als Wandernde und Naturfreunde halten wir uns selbstverständlich an die Gebote. Am Ende der Wiese vor dem Eintritt in den Wald geht, etwas versteckt, beim «toten Wurzelstock» ein Pfad links ab zu einer Fläche am Flussufer. Auf der gegenüberliegenden Flussseite ist ein Steilabbruch, gute Nistgelegenheiten für den Eisvogel also. 2020 sollen bereits zwölf Brutpaare gezählt worden sein, dem fliegenden Diamanten gefällt die Renaturierung der Thur also auf jeden Fall. Wir haben den farbigen Vogel unterwegs dreimal vorbeifliegen sehen.
Dem Eisvogel-Erlebnisweg folgend wandern wir tiefer in das Naturschutzgebiet hinein, durch lichte Wälder, Magerwiesen, an mächtigen Bäumen vorbei und immer wieder dem Flussufer der Thur entlang. Schmetterlinge, Libellen, Orchideen, Vögel, Amphibien, eine vielfältige Fauna und Flora, die wir hier mit allen Sinnen wahrnehmen können, begleitet uns. Und schon sind wir beim Thurspitz, dem Zusammenfluss von Thur und Rhein. «Schöni» heisst das Auenwaldstück hier. Und schön ist es hier tatsächlich, zum Beispiel zum Picknicken und dabei die Gedanken einfach mit dem Wasser fliessen zu lassen. 

Hofladen Thurhof und Naturzentrum Thurauen

Wir wandern auf dem Weg zurück und nehmen den Wegweiser Richtung Naturzentrum Thurauen. Ein Abstecher in den Hofladen Thurhof liegt dabei am Wegrand. Hier ist auch ein guter Ort fürs Mittagessen, Reservation vorausgesetzt. Erneut wandern wir zwischen Landwirtschaft und Naturlandschaft. Auf der einen Seite Spargeln und Gemüse, auf der anderen Seite quaken Frösche und rufen Vögel aus dem Unterholz. Am Schluss der Wanderung wartet das Naturzentrum Thurauen mit einer spannenden interaktiven Ausstellung samt menschengrosser Biberburg . Darin kann man den Geräuschen des Auenwaldes lauschen, Auenwaldbaden sozusagen. Wer es lieber in echt mag, geht über den Laufsteg auf den Erlebnis-Rundpfad nebenan. Hier zwitschert die Grasmücke in natura, hüpft der Frosch in den Teich und vielleicht schlängelt sich sogar eine Ringelnatter durchs Wasser. Gleich beim Naturzentrum ist auch die Postautohaltestelle (10 Minuten), ein Restaurant und die Fluss-Badi fürs erfrischende Bad nach der Wanderung an einem warmen Sommertag. Keine Angst im Wasser, die Biber sind meist nachts unterwegs!
 

Karte Thurauen DE

ANDELFINGEN – THURBRÜCKE – THURSPITZ – FLAACH

 

Start Andelfingen, Bahnhof, 445m
Ziel Flaach, Postautohaltestelle Ziegelhütte, 345m
Charakteristik Abwechslungsreiche Flusswanderung, mit spannenden Naturerlebnissen unterwegs
Anreise Mit öV bis Andelfingen
Rückreise Mit öV ab Flaach, Ziegelhütte
Route Andelfingen 445m – Thurbrücke – Thurspitz, 346m – Thurhof, 349m – Naturzentrum Thurauen, Flaach, Ziegelhütte, 345m
Zeit ca. 4 Stunden, aber Achtung: die Natur lädt zum Beobachten und Verweilen!
Schwierigkeit T1, gelb markiert
Distanz 16.2 Kilometer
Höhendifferenz 90/150 Höhenmeter
Ausrüstung Wanderausrüstung, Picknick, Feldstecher, Bestimmungsliteratur
Verpflegungsmöglichkeiten Andelfingen, Hofladen Thurhof, Naturzentrum Thurauen
Wanderkarten 1051 Eglisau und 1052 Andelfingen
Geheimtipps

Mittagessen im Thurhof. Besuch Naturzentrum Thurauen.

Familientipp: Direkt ins Naturzentrum Thurauen anreisen, Ausstellung und Erlebnispfad besuchen, in die Badi liegen und Glacé schlecken.

Und wer Räder liebt: Die Wanderung ist auch gut als Velotour machbar.

Saisonalität ganzjährig, beste Zeit für Fauna und Flora von April - Oktober

 

Dominik Abt

Dominik Abt, Wanderleiter SBV, leitet Wanderungen und Trekkings in der Schweiz und weltweit.

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